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Zusammenkommen, zusammenhalten, zusammen feministisch regieren – Bundesfrauenkonferenz 2023 in Mannheim

Eine Gruppe Frauen steht auf einem Rasen und hält Schilder.
Gianina Morgenstern

Die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen in der Politik ist ein Grundstein unserer Partei. Mit unseren regelmäßigen Bundesfrauenkonferenzen, die zur Vernetzung der Parteifrauen mit Frauen aus der Zivilgesellschaft dienen, schaffen wir seit 1985 Räume der Vernetzung und der Partizipation. Auf der ersten Präsenzkonferenz seit fünf Jahren kamen in Mannheim dieses Jahr über 200 Frauen aus ganz Deutschland zusammen, um sich in verschiedenen Workshops und Podiumsdiskussionen über unsere frauenpolitischen Ziele und feministischen Visionen auszutauschen. Von Themen zur feministischen Arbeitswelt, reproduktiver Gerechtigkeit oder alternativen Familienmodellen bis hin zur feministischen Außenpolitik war alles dabei. Lies hier den ganzen Bericht.

„Feministisch regieren hat in diesem Land eine Farbe – und die ist grün.“, verkündete Ricarda Lang (Bundesvorsitzende und frauenpolitische Sprecherin von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) bei ihrer Begrüßungsrede der diesjährigen Bundesfrauenkonferenz, nachdem das Präsidium und Diana Pretzell (erste Bürgermeisterin der Stadt Mannheim) die Konferenz eröffnet hatten. Ricarda Lang erinnerte in ihrer Rede jedoch auch an den Todestag der jungen Iranerin Jina Mahsa Amini und ermahnte: „Für uns ist klar, wir stehen an der Seite der Menschen im Iran, solange bis man im Teheran auf der Straße tanzen darf und zwar mit oder ohne Kopftuch.“ Zur Eröffnung der Konferenz hielt sie ein Buch der ersten Bundesfrauenkonferenz 1985 in die Höhe, um unsere jahrzehntelange feministische Arbeit zu betonen, mit der einige der dort aufgeführten Themen frauenpolitisch bereits vorangetrieben wurden, während einige der gleichen Kämpfe noch bestehen. Um diese Kämpfe konsequent weiterzuführen, kamen auf der Konferenz auch grüne Politikerinnen aller Ebenen zusammen. Somit hatten die Teilnehmerinnen die Möglichkeit, die grünen Landesministerinnen Josefine Paul (Nordrhein-Westfälische Ministerin für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration), Katja Meier (Sächsische Staatsministerin der Justiz und für Demokratie, Europa und Gleichstellung), Doreen Denstädt (Thüringer Ministerin für Migration, Justiz und Verbraucherschutz) und Dr. Ute Leidig (Staatssekretärin im baden-württembergischen Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration) im persönlichen Gespräch kennenzulernen. So wurde die Konferenz mit den Worten eingeläutet „Begrüßt euch, vernetzt euch, feiert euch!“

Terry Reintke gibt eine Rede.
©Gianina Morgenstern

An nächster Stelle stand auf dem Programm die politische Rede von Terry Reintke (Co-Vorsitzende der Grünen/EFA-Fraktion im Europäischen Parlament), in welcher sie die Wichtigkeit der Istanbul Konvention unterstrich: „Die EU wird als Ganzes der Istanbul Konvention beitreten, das festigt unseren Kampf gegen geschlechtsbasierte Gewalt und Gewalt an Frauen. In ganz Europa muss gelten: Nein heißt Nein.“ Außerdem setzte sie ihren Fokus auf reproduktive Selbstbestimmung im europäischen Raum: „Wir brauchen endlich ein Recht auf Abtreibung, damit in der gesamten Europäischen Union Menschen sicher zum Arzt gehen können und sich sicher sein können: Mein Körper, meine Entscheidung!“ Zuletzt betonte sie die Notwendigkeit der bedingungslosen feministischen Solidarität, welche uns durch diese Zeiten leiten werde.

Lisa Paus nimmt an einer Podiumsdiskussion teil.
©Gianina Morgenstern

Im Folgenden fand die erste Podiumsdiskussion der Konferenz zum Thema „Feministische Arbeitswelt: Vier Tage Woche, Home Office oder Vollzeit für alle – Was bringt uns frauenpolitisch wirklich weiter?“ statt. Nach einem digitalen Grußwort von Philippa Sigl-Glöckner (Gründerin des Dezernat Zukunft) stellte die Moderatorin Ricarda Lang die anderen Diskutantinnen Lisa Paus (Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend), Prof. Dr. Bettina Kohlrausch von der Hans-Böckler Stiftung und die Journalistin und Autorin Sabine Rennefanz vor. Während Sabine Rennefanz vor allem eine ostdeutsche Perspektive beisteuerte – der Gender Pay Gap sei in Ostdeutschland erheblich geringer als in Westdeutschland -, kommentierte Prof. Dr. Bettina Kohlrausch die neuen Möglichkeiten des Home Office, welches besonders ein Privileg der Besserverdienenden darstelle. Eine feministische Arbeitswelt bedeute, dass Frauen mehr erwerbsarbeiten, wenn sie wollen. Dazu gehöre zwingend aber auch eine höhere Verantwortungsübernahme von Männern bei der sogenannten Sorgearbeit.

Das Thema Arbeit zog sich auch durch die erste Workshop-Phase . So ging es in fünf verschiedenen Formaten um Geflüchtete Frauen auf dem Arbeitsmarkt, feministischen Strukturwandel, die Situation von Alleinerziehenden sowie private und erwerbliche Sorgearbeit.

Frauen nehmen an einem Workshop teil.
©Gianina Morgenstern

In einer zweiten Workshop-Phase am Nachmittag wurden dagegen vielseitige und andere Themenschwerpunkte gesetzt. Aus einer Gesundheitsperspektive ging es beispielsweise um die Versorgungsunsicherheit bei Schwangerschaftsabbrüchen oder reproduktive Gerechtigkeit. Zudem wurde in einem anderen Format über Gewalt gegen Frauen und Femizide als gesamtgesellschaftliches Problem diskutiert. Auch queere Themen wurden im Rahmen von alternativen Familienmodellen wie der Co-Mutterschaft und der Verantwortungsgemeinschaft oder in einem Gespräch über Queersein im ländlichen Raum gesetzt. Zuletzt stellte sich Doreen Denstädt, die erste schwarze Polizistin in Thüringen und nun Ministerin für Migration, Justiz und Verbraucherschutz, in einem offenen Frageformat der Neugierde der anderen Teilnehmerinnen.

Elina Penner stellt ihr Buch "Migrantenmutti" vor.
©Gianina Morgenstern

Um den Tag gemeinsam ausklingen zu lassen, fanden am Abend alle Teilnehmerinnen zu einer Lesung von Elina Penner aus ihrem neusten Buch „Migrantenmutti“ wieder zusammen. Auf eine humorvolle und unterhaltende Art und Weise betonte sie, worum es in ihrer Essaysammlung geht: „Es geht in diesem Buch auch um Elternschaft. Aber aus einer migrantischen Perspektive. Konkret und in meinem Fall aus der Sicht einer Person, die gar nicht wusste, wie migrantisch sie ist, bis sie Kinder hatte.“

Ricarda Lang moderiert.
©Gianina Morgenstern

Am Sonntagmorgen startete der zweite Tag der Bundesfrauenkonferenz mit der politischen Rede von Ricarda Lang. Passend zum Thema des Vortages unterstrich sie: „Wir werden in Zukunft kein erfolgreicher Wirtschaftsstandort sein, keine erfolgreiche Wirtschaftsnation, wenn wir nicht endlich die Arbeit von Frauen wertschätzen und ins Zentrum stellen.“ Um den internationaleren Fokus des zweiten Vormittags einzuleiten ergänzte sie: „Ich will ein Europa, das trans Frauen schützt. Ein Europa, das die Frauen in Polen schützt. Ein Europa, das Pflegekräfte schützt. Wir wollen ein Europa, das alle Frauen schützt!“ Mit mitreißenden persönlichen Worten beendete sie ihre Rede: „Unsere jahrzehntelange feministische Solidarität ist unbrechbar und hat mir die Kraft gegeben, etwas zu verändern. Danke, dass ihr mir diese Kraft gegeben habt und sie noch vielen weiteren geben werdet. Gemeinsam können wir etwas verändern!“

Diesen im Motto der Konferenz verankerten Zusammenhalt betonte auch Außenministerin Annalena Baerbock in ihrem digitalen Grußwort, in welchem sie von der Relevanz der und den Weg zu den Leitlinien der feministischen Außenpolitik berichtete.

Pegah Edalatian spricht bei einer Podiumsdiskussion.
©Gianina Morgenstern

Passend dazu fand im Folgenden die zweite Podiumsdiskussion zum Thema „Wiederaufbau der Ukraine“ statt, in welcher sich die Diskutantinnen Pegah Edalatian (stellvertretende Bundesvorsitzende, internationale Koordinatorin und vielfaltspolitische Sprecherin von BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) und Irina Peter (Journalistin und Bloggerin) gemeinsam mit der Moderatorin Merle Spellerberg (Mitglied des Bundestages), mit der Frage auseinandersetzen, wie die Einbeziehung von Frauen aussehen und die Gleichberechtigung der Geschlechter nachhaltig gefördert werden kann. Im Rahmen von zwei Videobeiträgen teilten zudem Dr. Ulrike Hopp-Nishanka (Leiterin der Projektgruppe Ukraine beim BMZ) und Galyna Kotliuk der Heinrich-Böll Stiftung Ukraine ihre praktischen Perspektiven mit dem Publikum. Auch Pegah Edalatian unterstrich die Notwendigkeit der feministischen Ausrichtungen des Auswärtigen Amtes und des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung sowie die Relevanz der Rechte, Ressourcen und Repräsentanz von Frauen in der internationalen Arena. Irina Peter fand die starken Schlussworte: „Jetzt müssen wir ukrainische Frauen darin unterstützen, diesen Krieg zu gewinnen!“

Um den letzten Teil der Bundesfrauenkonferenz einzuläuten, richtete auch Claudia Roth (Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien) ihre Worte in einem digitalen Gruß an die Teilnehmerinnen: „Der Zugewinn an weiblicher Macht verändert die Perspektive von und auf Politik. Es braucht Diversität in allen Positionen, um adäquate Politik für alle zu machen.“

Anna Peters hält eine Rede.
©Gianina Morgenstern

Auch in der letzten Workshop-Phase konnten die Teilnehmerinnen ihre vielfältigen Interessen einbringen. So fanden Formate zu Feminismus in der Wissenschaft oder geschlechtersensibler Medizin statt. Die politische Bundesgeschäftsführerin Emily Büning und die frauenpolitische Sprecherin im Landesvorstand Baden-Württemberg Anna Peters leiteten zudem einen Workshop zum Thema „Frauen an die Macht! Aber wie?“, welcher großen Zuspruch der aktiven Frauen erhielt.

Eine Frau gibt eine Rede.
©Gianina Morgenstern

Zum Abschluss der zweitägigen Bundesfrauenkonferenz fasste die Spoken-Words-Künstlerin Jessy James LaFleur viele der besprochenen feministischen Visionen und frauenpolitischen Themen wie Gewalt gegen Frauen, Vereinbarkeit von Familie und Beruf oder reproduktiver Selbstbestimmung in ihrem Auftritt zusammen und beendete die Konferenz mit den mitreißenden und passenden Worten: „Ich glaube an eine geschlechtergerechte Gesellschaft, denn die Zeit dafür ist jetzt!“

Ein Gruppe Frauen stimmt mit Leaflets ab.
©Gianina Morgenstern
Drei Fraue nehmen an einer Podiumsdiskussion teil.
©Gianina Morgenstern
Abstimmung einer Gruppe von Frauen in einem Saal.
©Gianina Morgenstern
Zwei Frauen sprechen miteinander.
©Gianina Morgenstern
Ein Gruppe Frauen stimmt mit Leaflets ab.
Drei Fraue nehmen an einer Podiumsdiskussion teil.
Abstimmung einer Gruppe von Frauen in einem Saal.
Zwei Frauen sprechen miteinander.
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