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Turbo für den Klimaschutz

Windkraft und Solar-Panels in Deutschland
© Getty / elxeneize

Deutschland liegt beim Klimaschutz deutlich hinter den Erwartungen und wird seine Klimaziele für 2022 aller Voraussicht nach verfehlen, erklärte Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck heute bei der Vorstellung seiner Eröffnungsbilanz. Aufgabe der Regierung sei es nun die Politik an den neuen ambitionierten Klimazielen auszurichten. Dafür legt das Ministerium Sofortmaßnahmen vor, die Deutschland auf den Klima-Zielpfad bringen sollen.

Die grüne Regierungsarbeit für mehr Klimaschutz beginnt mit einem drastischen Rückstand - insbesondere beim Ausbau der erneuerbaren Energien und beim Netzausbau, das machte Robert Habeck am Dienstag in der Bundespressekonferenz deutlich. Im Koalitionsvertrag hat die neue Bundesregierung neben dem Ziel der Klimaneutralität bis 2045 auch das Zwischenziel für 2030 – eine Senkung der klimaschädlichen Emissionen um 65 Prozent unter das Niveau von 1990 – vereinbart. Um diese Ziele zu erreichen, sei eine Verdreifachung der CO2-Minderungen im Vergleich zum letzten Jahrzehnt notwendig. Diese Aufgabe komme einem Ultra-Lauf gleich, heißt es aus dem grün geführten Ministerium.

Jetzt müsse die einmalige Chance ergriffen werden, die klimapolitische Transformation unserer Wirtschaft und Gesellschaft zu einem ökonomischen Erfolgsmodell zu machen. Robert Habeck weiter: "Wenn wir es richtig anstellen und eine Dynamik auslösen, können wir einen Boom neuer Technologien erleben, mit neuer industrieller Wertschöpfung und Arbeitsplätzen." Auf diesem Weg würden auch soziale Fragen von Anfang an mitgedacht und Klimaschutzanforderungen sozial verträglich ausgestaltet. Dazu gehörten unter anderem eine Erhöhung des Klimawohngelds und des Mindestlohns, sowie die Abschaffung der EEG-Umlage zur Senkung des Strompreises.

Damit alle Sektoren (Energiewirtschaft, Industrie, Gebäude, Verkehr Landwirtschaft und Abfall) auf den Zielpfad gelangen und die Umsetzungslücke durch konkrete Maßnahmen so schnell wie möglich geschlossen werde, habe das Ministerium die Arbeit am Klimaschutz-Sofortprogramm bereits gestartet. Ein erstes Maßnahmenpaket mit eilbedürftigen Gesetzen und Vorhaben soll im April im Kabinett beschlossen werden. Kernstück werde dabei eine umfassende Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) sein.

Sofortmaßnahmen für mehr Klimaschutz

Zu den Sofortmaßnahmen, die das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz vorlegen wird, gehören:

  • Eine EEG-Novelle, die die Weichen stellt für 80 Prozent erneuerbare Stromerzeugung bis 2030. Die Ausschreibungsmengen werden erhöht und die technologiespezifischen Mengen anwachsend ausgestaltet, allerdings von Anfang an von einem sehr ambitionierten Niveau ausgehend. Dabei wird ein Bruttostromverbrauch in Höhe von 715 Terrawattstunden unterstellt. Darüber hinaus wird der Grundsatz verankert, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien im überragenden öffentlichen Interesse ist und der öffentlichen Sicherheit dient.
  • Außerdem ist ein Solarbeschleunigungspaket geplant, das die Solarenergie entfesseln soll. Das Solarbeschleunigungspaket beinhaltet ein breites Bündel an Einzelmaßnahmen, um die Solarenergie deutlich voranzubringen. Hierzu zählen unter anderem Verbesserungen beim Mieterstrom und eine Anhebung der Ausschreibungsschwellen und Öffnung der Flächenkulisse für Freiflächenanlagen unter Beachtung von Naturschutzkriterien. Zudem wird die beschlossene Solarpflicht auf neuen Gebäuden gesetzlich verankert.
  • Kurzfristige Flächenpotenziale für Wind an Land sollen erschlossen werden und mit einem Wind-an-Land-Gesetz der Ausbauprozess beschleunigt werden. Zwei Prozent der Landesfläche sollen für Windkraft reserviert werden, der Windenergieausbau mit dem Artenschutz versöhnt werden und die Voraussetzungen für zügigere Planungs- und Genehmigungsverfahren geschaffen werden. Die Abstände zu Drehfunkfeuern und Wetterradaren sollen reduziert und Maßnahmen für eine bessere Vereinbarkeit des Windausbaus mit militärischen Interessen umgesetzt werden.
  • Es soll die Grundlage für mehr erneuerbaren Strom zu wettbewerbsfähigen Preisen geschaffen werden. Vor allem im Vergleich zu fossilen Energieträgern soll Strom günstiger werden. Wärmepumpen und E-Mobilität sollen attraktiver werden. Deshalb ist geplant ab 2023 die EEG-Umlage über den Bundeshaushalt zu finanzieren und damit die Verbraucherinnen und Verbraucher bei den Stromkosten zu entlasten. Mit der Abschaffung der EEG-Umlage werden die an die besondere Ausgleichsregelung gekoppelten Umlagen in ein eigenes Gesetz überführt, um der Industrie bei den übrigen Umlagen eine verlässliche und planbare Rechtsgrundlage zu schaffen.
  • Außerdem will das Ministerium die rechtlichen und finanziellen Voraussetzungen für die Bereitstellung von Klimaschutzdifferenzverträgen (Carbon Contracts for Difference) als zentrales Instrument zur Unterstützung der Transformation in der Industrie schaffen. Für den Einstieg in klimaneutrale Produktionsverfahren benötige die Industrie einen verlässlichen Förder- und Investitionsrahmen. Durch dieses Instrument werde sich die Wirtschaftlichkeit klimaneutraler Produktionsverfahren früher einstellen und die Kosten würden für Unternehmen planbarer.
  • In der Wärme wird bei den erneuerbaren Energien ein sehr hoher Anteil angestrebt: Bis 2030 sollen 50 Prozent der Wärme klimaneutral erzeugt werden, so das Ministerium. Energieeffizienz sei die zweite wichtige Säule, daher werde für das optimale Zusammenspiel beider Instrumente eine neue Gebäudestrategie Klimaneutralität erarbeitet. Der Klimaschutz im Gebäude soll entscheidend vorangebracht werden. Außerdem will sich das Ministerium für eine flächendeckende kommunale Wärmeplanung sowie die Dekarbonisierung und den Ausbau der Wärmenetze einsetzen. Dafür werde die Bundesförderung für effiziente Wärmenetze (BEW) unmittelbar nach der beihilferechtlichen Genehmigung in Kraft gesetzt und ihre Finanzierung aufgestockt.
  • Gemeinsam mit dem Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen will das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz mit einer zügigen Überarbeitung des Gebäudeenergiegesetzes verlässliche Planungsgrundlagen für Investitionen schaffen. Damit würden Neubauten und Gebäudesanierungen auf das Ziel der Klimaneutralität 2045 sowie einen deutlich reduzierten Energiebedarf ausgerichtet. So werde die Vereinbarung im Koalitionsvertrag umgesetzt, dass ab 2025 jede neu eingebaute Heizung auf der Basis von mindestens 65 Prozent erneuerbarer Energien betrieben wird. Fehlinvestitionen, die nicht mit den deutschen Klimazielen vereinbar seien, könnten so verhindert werden, heißt es aus dem Ministerium. Die Bundesförderung für effiziente Gebäude werde parallel zügig angepasst. Sie werde die neuen Vorgaben des Gebäudeenergiegesetzes flankieren und bis 2025 den Markt durch effiziente Anreize an diese Schritte heranführen.
  • Wasserstoffstrategie: Die Maßnahmen zum Markthochlauf der Wasserstofftechnologie sollen angepasst werden, um die Produktion an grünem Wasserstoff gegenüber den bisherigen Plänen bis 2030 von 5 auf 10 Gigawatt zu verdoppeln. Hierfür werde das Ministerium die Nationale Wasserstoffstrategie in diesem Jahr überarbeiten und zusätzliche Förderprogramme auf den Weg bringen.

Dies sei nur eine erste Auswahl der geplanten Projekte. Derzeit werde geprüft, welche weiteren Maßnahmen schnell auf den Weg gebracht werden können. Zudem würden weitere Maßnahmen aus anderen Ressorts und Sektoren in das Sofortprogramm einfließen, das in den kommenden Monaten in einem engen Zusammenschluss innerhalb der Bundesregierung erarbeitet werde. Bereits im Wahlkampf haben wir GRÜNEN unser Klimaschutz-Sofortprogramm vorgestellt. Hier kannst du unsere Forderungen nachlesen.

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