Lützerath und Kohleausstieg 2030 im Rheinischen Revier
Hier findest Du Antworten auf die wichtigsten Fragen zu Lützerath und dem vorgezogenen Kohleausstieg im Rheinischen Revier.
Wir haben den Braunkohleausstieg im Rheinischen Revier von 2038 auf 2030 vorgezogen. Rund 280 Millionen Tonnen Braunkohle bleiben damit gesichert im Boden. Fünf Dörfer und drei Höfe mit ihren Bewohner*innen konnten gerettet werden. Das ist ein Erfolg für die Menschen vor Ort, ein wichtiger Schritt für den Ausstieg aus den fossilen Energien – und hilft ganz konkret dabei, die Klimaziele im Energiesektor zu erfüllen.
Trotzdem gibt es aktuell auch deutlich hörbare Kritik zum Vorgehen. Wir verstehen das. Auch uns lassen die Bilder aus Lützerath nicht kalt, denn wir haben immer gegen die anhaltende Verfeuerung von Braunkohle gekämpft. Wir möchten deshalb dazu beitragen, den Dialog weiter konstruktiv zu führen. Hier findest Du Antworten auf die wichtigsten Fragen.
Was ist die Ausgangslage?
RWE hat einen endgültigen Rechtsanspruch zum Kohleabbau im Rheinischen Revier, inklusive dem unbewohnten Lützerath. Das hat das zuständige Oberverwaltungsgericht letztinstanzlich festgestellt. Lützerath wäre also ohnehin abgebaggert worden – zusätzlich aber weitere acht Dörfer und Höfe, die noch bewohnt sind. Das hätte bedeutet: Zwangsumsiedlung für rund 500 Menschen. Und der Kohleausstieg wäre erst 2038 erfolgt. Das haben wir verhindert, gegen zum Teil erhebliche Widerstände auch aus SPD, FDP und Union.
Natürlich sind die Bilder aus Lützerath schmerzhaft, denn wir haben immer gegen die anhaltende Verfeuerung von Braunkohle gekämpft. Aber: Keyenberg, Kuckum, Oberwestrich, Unterwestrich, Berverath, Eggeratherhof, Roitzerhof, Weyerhof – diese fünf Dörfer und drei Höfe konnten wir retten, die Zwangsumsiedlung ihrer rund 500 Bewohner*innen verhindern und den Kohleausstieg im Rheinischen Revier auf 2030 vorziehen. Das ist ein Erfolg für die Menschen vor Ort und ein wichtiger Schritt im gemeinsamen Einsatz für den endgültigen Ausstieg aus den fossilen Energien.
Warum ist die Vereinbarung zum Rheinischen Revier klimapolitisch wichtig?
Die gesetzliche Regelung, die nun gefunden werden konnte, garantiert den vorzeitigen Kohleausstieg. Das Klimaziel 2030 für die Energiewirtschaft ist im Klimaschutzgesetz zuletzt verschärft worden. Die bisherigen Pläne zum Kohleausstieg waren damit nicht vereinbar. Dass wir nun schon 2030 im Rheinischen Revier aus der Kohle aussteigen, ist deshalb zentral für das Erreichen des Klimaziels im Energiesektor – und somit für den Klimaschutz im Allgemeinen.
Braucht es die Kohle überhaupt, die bis 2030 noch gefördert wird?
Die energiepolitischen Versäumnisse der Vorgängerregierungen wiegen noch immer schwer und haben Deutschland abhängig gemacht von Staaten wie Russland. Nach dem völkerrechtswidrigen Angriff Putins auf die Ukraine haben wir Deutschland in kürzester Zeit unabhängig von russischem Gas gemacht. Im Gegenzug wird für die Versorgungssicherheit der Menschen in diesem Land mehr Kohle benötigt – übergangsweise. Deshalb musste die Laufzeit der beiden Blöcke „Neurath D und E“ im Rheinischen Revier um zwei Jahre verlängert werden.
Die NRW-Landesregierung hat vor diesem Hintergrund und unter Annahme realistischer Zukunftsszenarien mehrere unabhängige Sachverständige prüfen lassen, ob die Verstromung der Kohle unter Lützerath wirklich nötig ist. Diese Gutachten kamen zu dem Ergebnis, dass ein Bedarf anzunehmen sei, der Lützerath mit einschließt.
Abhängig von Faktoren wie dem CO2-Preis oder dem Ausbautempo bei den Erneuerbaren ist es wiederum möglich, dass Braunkohlekraftwerke vor 2030 nicht mehr wirtschaftlich sind – und deshalb weniger Kohle benötigt wird. Und wir werden selbstverständlich alles dafür tun, dass es genau so kommt: Erneuerbare ausbauen, Energie sparen, Wasserstoffkraftwerke ans Netz bringen. Je eher Kohle in Deutschland und Europa unrentabel wird, desto besser. Es wäre aber nicht seriös, sich einfach darauf zu verlassen.
Darüber hinaus setzen wir nicht darauf, dass der Markt möglicherweise den Kohleausstieg irgendwann regelt, sondern haben ein verbindliches Ende für die Kohle im Rheinischen Revier festgelegt: 2030. Als nächstes müssen wir das bundesweit umsetzen. Mit dem vorgezogenen Kohleausstieg im Rheinischen Revier und dem raschen Ausbau der Erneuerbaren stellen wir die Weichen für die Zukunft.
Stimmt es, dass durch den vorgezogenen Kohleausstieg bis 2030 mehr Kohle verfeuert wird?
Die für RWE zugängliche Menge wurde durch den früheren Ausstieg von ursprünglich 560 Millionen Tonnen auf rund 280 Millionen Tonnen Kohle halbiert. Es steht RWE also nicht mehr, sondern deutlich weniger Kohle zur Verfügung, als ursprünglich genehmigt.
Stimmt es, dass bis 2030 mehr Emissionen entstehen?
Der frühere Kohleausstieg stellt sicher, dass 280 Millionen Tonnen Braunkohle im Boden bleiben und verlässlich eingespart werden. Es stimmt zwar, dass es durch eine begrenzte und kriegsbedingte Laufzeitverlängerung der Blöcke „Neurath D und E“ kurzfristig zu mehr Emissionen kommen wird. Die Mehremissionen sind aber nur temporär.
Für alle entstehenden Emissionen wird RWE zudem CO2-Zertifikate abgeben müssen. Diese werden dann entwertet. Dadurch stehen den Kraftwerksbetreibern im Rahmen des europäischen Emissionshandels bis 2030 entsprechend weniger Zertifikate zur Verfügung. Will heißen: Es wird in der zweiten Hälfte der 2020er-Jahre weniger emittiert werden können.
Insgesamt kommt es also bis 2030 nicht zu mehr Emissionen – und im Rheinischen Revier durch den vorgezogenen Kohleausstieg in den acht Jahren bis 2038 zu gar keinen.
Wie sind die unterschiedlichen Aussagen aus den unterschiedlichen Gutachten zu bewerten?
Es ist nicht verwunderlich, dass unterschiedliche Studien zu unterschiedlichen Prognosen kommen: Die Wirtschaftlichkeit von Kohle und insbesondere Braunkohlekraftwerken unterliegt jetzt schon erheblichen Schwankungen. Abhängig davon, von welchen Grundbedingungen eine Studie etwa beim angenommenen Verlauf der Strom- oder CO2-Preise in den nächsten Jahren ausgeht, fällt entsprechend auch die Vorhersage aus.
Vor diesem Hintergrund ist es durchaus möglich, dass Braunkohlekraftwerke 2030 nicht mehr wirtschaftlich sind. Und wir werden alles dafür tun, dass es so eintritt: Erneuerbare ausbauen, Energie sparen, Wasserstoffkraftwerke ans Netz bringen. Es wäre aber nicht verantwortungsvoll, sich einfach darauf zu verlassen. Deshalb haben wir ein verbindliches Ende für die Kohle im Rheinischen Revier festgelegt: 2030. Als nächstes müssen wir das bundesweit umsetzen.
Wie verhält es sich mit dem 1,5-Grad-Pfad?
Der Energiesektor ist in Deutschland für einen erheblichen Teil der CO2-Emissionen verantwortlich. Jede der rund 280 Millionen Tonnen, die nun gesichert unter der Erde bleiben, ist deshalb eine gute Nachricht. Die gesetzliche Regelung, die zu einem früheren Kohleausstieg im Rheinischen Revier gefunden wurde, ist zentral für das Erreichen des Klimaziels im Energiesektor – und somit für den Klimaschutz im Allgemeinen. Bis 2030 wiederum kommt es durch den europäischen Emissionshandel unterm Strich nicht zu mehr Emissionen. Lützerath entscheidet nicht über die Einhaltung des 1,5-Grad-Pfades.
Warum erfolgt kein Räumungsmoratorium?
Die zugrundeliegende Rechtslage ist eindeutig: RWE hat einen endgültigen Rechtsanspruch zum Kohleabbau im Rheinischen Revier. Das hat das zuständige Oberverwaltungsgericht letztinstanzlich festgestellt. Ein Räumungsmoratorium stünde dem entgegen und würde entsprechend aufs Spiel setzen, was wir gegen erhebliche Widerstände durchgesetzt haben: Rund 500 Menschen müssten erneut den Verlust ihrer Dörfer und Zwangsumsiedlungen befürchten, der Kohleausstieg 2030 wäre akut gefährdet
Und wie geht es nun weiter?
Für mehr Klimaschutz zu demonstrieren, hat unser größtes Verständnis. Meinungs- und Versammlungsfreiheit, auch das Recht auf gewaltfreien Protest sind grundlegende Elemente einer starken Demokratie. Gleichzeitig muss gelten: Deeskalation ist für alle Beteiligten das Gebot der Stunde.
Wir wollen im Blick behalten, was erreicht werden konnte und worum es im Kern jetzt geht: dass der Kohleausstieg bis 2030 bundesweit erfolgt, dass wir unsere Klimaziele einhalten, dass wir Deutschland bis spätestens 2045 in die Klimaneutralität führen. Wir setzen uns deswegen mit voller Kraft für weitere Maßnahmen im Kampf gegen die Klimakrise ein – und gehen diesen Weg Hand in Hand mit allen, die auch auf mehr Klimaschutz drängen.